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Femmes-Tische – Gesprächsrunden für Flüchtlingsfamilien
SettingFamilien / Wohnraum
Vereine / Freizeit
Gemeinde
ZielgruppeMigrantinnen / Migranten
Ort/LandZürich, (CH )
Jahr2016
ProjektträgerVerein Femmes-Tische
→ Link zum Projekt ProjektleitungIsabel Uehlinger
+41 (0)31970 66 70
Femmes-Tische – Gesprächsrunden für Flüchtlingsfamilien
Die Idee: Frauen mit Migrationshintergrund zusammenzubringen und im privaten oder institutionellen Rahmen über Gesundheit und Erziehung zu sprechen.
Femmes-Tische ist ein lizenziertes Präventions- und Gesundheitsförderungsprogramm. Seit 1996 wird es in zahlreichen Regionen der Schweiz und weiteren Ländern erfolgreich umgesetzt. Femmes-Tische bringen mehrheitlich Frauen mit Migrationshintergrund zusammen, die im privaten oder institutionellen Rahmen über Gesundheit und Erziehung sprechen. Die Gesprächsrunden werden von einer ausgebildeten Moderatorin geleitet. Wenn möglich wird in der Muttersprache der jeweiligen Teilnehmerinnen gesprochen oder interkulturell in Deutsch, Englisch oder Französisch. Pro Gesprächsrunde nehmen durchschnittlich sechs bis sieben Personen teil. Dieser überschaubare Kreis fördert zusammen mit dem offenen persönlichen Austausch und den positiven emotionalen Beziehungen untereinander ressourcenorientierte Lernprozesse. Im Jahr 2014 haben insgesamt über 1‘500 Gesprächsrunden mit über 9'000 Teilnehmerinnen stattgefunden. Femmes-Tische ist bereits seit vielen Jahren in der Bodenseeregion verankert. In 2015 wurde dort ein neues Projekt lanciert, in dem Gesprächsrunden im Asylkontext durchgeführt werden.
„Es zeigt sich, dass sich das Konzept Femmes-Tische dank seiner Niederschwelligkeit und großer individueller Anpassungsfähigkeit gut für den Asylbereich eignet.“
Warum wurde Femmes-Tische ins Leben gerufen?
Isabel Uehlinger: Die Zahl der Flüchtlinge aus den Krisengebieten des Nahen Ostens, Vorderasiens und Nordafrika wächst derzeit stark. Betroffene haben eine hohe Chance, dass sie vorläufig aufgenommen oder direkt den Asylstatus erhalten werden. Darunter sind viele Familien mit Kindern. Hier bietet Femmes-Tische Unterstützung: Menschen mit einer Fluchtmigrationsgeschichte sollen zu einem frühen Zeitpunkt in der Schweiz mit Gesundheitsthemen erreicht werden.
Welche Ziele sollen damit auf welchen Wegen erreicht werden?
Isabel Uehlinger: Flüchtlinge, die frisch in der Schweiz Aufnahme gefunden haben, erhalten in Gesprächsrunden, die wenn möglich in ihrer Muttersprache stattfinden, Informationen zu verschiedenen Gesundheits- und Erziehungsthemen. Sie erhalten die Möglichkeit, eine Begegnung mit einer Frau aus ihrer Herkunftsregion zu erleben, erste Kontakte zum neuen Lebensraum aufzubauen und Fragen zu stellen. Sie vernetzen sich in den Gesprächsrunden mit andern Frauen in einer ähnlichen Lebenssituation und erhalten dadurch eine Abwechslung zum trägen Alltag. Unsere Erfahrungen zeigen, dass diese Gesprächsrunden entlastend sind für die Flüchtlingsfrauen und zudem in einer späteren Integrationsphase auf diese Erfahrungen und Netzwerke zurückgegriffen werden kann. Die Asylorganisationen erhalten eine Entlastung durch das extern geleitete Angebot von Femmes-Tische.
Wie und mit wem setzen Sie die Gesprächsrunden um?
Isabel Uehlinger: Die Standortleiterinnen nehmen Kontakt zu lokalen Asylorganisationen auf und klären das Potential ab. Eine Moderatorin aus der dominanten Sprachregion der Flüchtlinge bereitet sich auf die Gesprächsrunden in diesem Kontext vor und klärt den thematischen Schwerpunkt ab. Die Gesprächsrunden erfolgen sehr kontextbezogen: grundsätzlich arbeiten Femmes-Tische Moderatorinnen mit bildhaften Karten, welche das Thema möglichst anschaulich darlegen und mit wenigen Leitfragen in die Diskussion unter den Teilnehmerinnen einleitet. Die Moderatorin bleibt in ihrer Rolle, am Schluss gibt sie hilfreiche Adressen zu Informations- und Unterstützungsangeboten für die Zielgruppe in der Region ab. Als wichtig wird der im Anschluss durchgeführte informelle Teil erlebt: hier wurde Unterschiedliches angeleitet: ein Kaffee-und-Kuchen-Gespräch, ein gemeinsames Kochen oder Basteln, eine Besichtigung der nächsten Spielplätze und anderes mehr.
Wie finanzieren Sie den Aufwand?
Isabel Uehlinger: Die Geschäftsstelle Schweiz hat ein Projektgesuch beim Bundesamt für Gesundheit eingereicht und für 18 Monate finanzielle Unterstützung erhalten (Juni 2014 bis Dezember 2015), um dieses Projekt in einer Startphase teilweise zu unterstützen. Das Projekt wird von allen Beteiligten sehr geschätzt, weshalb das Netzwerk Femmes-Tische bemüht ist, dieses weiterzuführen. Die Eigenfinanzierung durch die betroffenen Standorte des Netzwerkes von Femmes-Tische beträgt ungefähr 50 %. Überregional werden die Aktivitäten und das Fundraising durch die Geschäftsstelle Schweiz geleistet.
Können Sie bereits von Erfahrungen berichten?
Isabel Uehlinger: Die Teilnehmerinnen erfahren durch den Besuch der oftmals muttersprachlichen Moderatorin eine gewisse Normalität in ihrem sonst eher monotonen Zentrumsaufenthalt. Sie freuen sich sehr über das Angebot und bringen sich thematisch stark ein. Das stärkt sie in ihrem Selbstwertgefühl und ihrer Selbstwirksamkeit. Der Informationsbedarf der Teilnehmerinnen scheint enorm. Dank einer offenen und flexiblen Haltung der Moderatorinnen ergeben sich zahlreiche Adaptionen des Angebots an die Bedürfnisse der Teilnehmerinnen vor Ort. Der Aufwand der Moderatorin, die Frauen und Männer zur Teilnahme zu gewinnen, ist allerdings enorm. Als herausfordernd wurde vielerorts erlebt, dass die Gesprächsrunden relativ ad-hoc und mit einer unvorhersehbar, oft hohen Anzahl von Teilnehmerinnen stattfinden.
PechaKucha-Präsentation im Rahmen des IBK-Studientags für Gesundheitsförderung und Prävention am 20. April 2016